Elektroauto Chronik eines Irrtums

Volvo Polestar

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Aktualisiert 9.11.2020

„Polestar ist ein Tochterunternehmen des schwedischen Automobilherstellers Volvo Car Corporation. Es fungiert unter dem Namen Polestar Engineered als hausinterner Tuner, ähnlich wie AMG bei Mercedes, und seit Oktober 2017 auch als eigene Marke für Hybrid- und Elektroautos. CEO von Polestar ist Thomas Ingenlath. Hauptsitz ist im schwedischen Göteborg.“ (Wikipedia)

Polestar 1 und 2.Der Volvo Polestar 1 ist ein 600 PS starker Hybrid-Sportwagen, der ab Sommer 2019 produziert werden soll. Im März 2019 wurde der Volvo Polestar 2 in Göteborg präsentiert. Er hat 78 kWh, 408 PS und soll eine Reichweite von 500 Kilometer haben. Die Launch Edition kostet knapp 60.000 Euro; eine Basisversion soll es später für rund 39.000 Kilometer geben. Die Produktion ist in China.1
Nachtrag: „Das erste Modell, Polestar 1, ist mit 500 Autos pro Jahr eher ein Sammlerobjekt.“2

Volvo Polestar 1. Der Polestar 1 wurde auf 1500 Exemplare limitiert, die in drei Jahren gebaut werden sollen. Er hat vier Motoren mit zusammen 609 PS: einen Vierzylinder-Verbrenner mit 309 PS, zwei Elektromotoren mit zusammen 232 PS und einen Starter-Generator mit 68 PS. Damit fährt er in 4,2 Sekunden von 0 auf 100 km mit 250 km/h Höchstgeschwindigkeit. Er wiegt rund 2,3 Tonnen und soll 155.000 Euro kosten. Die beiden Elektromotoren an der Hinterachse werden mit „Torque Vectoring“ gesteuert: „Bei schneller Kurvenfahrt wird das kurvenäußere Rad bewusst beschleunigt – und der Polestar 1 so förmlich in die Kurve gedreht.“3 Das Werk im chinesischen Chengdu wurde Ende August 2019 eingeweiht: Hier sollen jährlich 500 Exemplare gebaut werden. „Der Plug-in-Hybrid ist ein Beispiel dafür, wie bei der E-Mobilität mit alten Werten aufs Vergnügungskonto eingezahlt wird – allerdings nicht nur beim Polestar 1, auch bei den Modellen anderer Hersteller. Nicht Nachhaltigkeit ist der entscheidende Maßstab, sondern Schnelligkeit, Potenz und Größe.“4

Volvo Polestar 2. Das Modell wurde im September 2019 auf der IAA präsentiert. Der Polestar 2 wird zwischen 40.000 und 60.000 Euro kosten und hat als Konkurrenten den Tesla Model 3. Gebaut werden sollen jährlich einige zehntausend Exemplare. Für das Infotainmentsystem wird Googles Android-Betriebssystem eingesetzt mit Navigation, Sprachassistent und Konnektivität. Für die Fahrzeugsicherheit (Elektronik, Fahrassistenzsysteme, Bremssystem) wird ein eigenes komplexeres System benutzt.5
Aktualisierung: Die exquisite „Launch Edition“ kann vorbestellt werden; die Auslieferung läuft ab Juni 2020. Die Preise beginnen bei 57.900 Euro. Der Polestar hat eine 78-kW-Batterie; der Verbrauch beträgt nach Werksangaben 19,3 kWh auf 100 Kilometer, Geladen werden kann mit bis zu 150 kW. Nach WLTP beträgt die Reichweite 470 Kilometer, im Stadtbetrieb mit Rekuperation bis zu 560 Kilometer.6 – Das übliche Problem, auf das auch Chefentwickler Hans Pehrson keine gute Antwort weiß: „Seltene Rohstoffe und reichlich Energie fließen in die Produktion der Stromspeicher – und in China ist das noch vorwiegend Energie aus Kohle.“7

Google Android im Polestar. Beim Modell Polestar 2 war Google am Infotainmentsystem beteiligt. Polestar-Markenchef Thomas Ingenlath beschrieb die Kooperation so: „Der Speed, mit dem die arbeiten, ist einfach unglaublich. Nach zwei Monaten hatten die Google-Leute alle Plätze für Elektro-Ladestationen topaktuell in die Navigation integriert.“8 – „Während die deutschen Hersteller noch um die digitale Vormacht kämpfen, hat der schwedische Hersteller Volvo aufgegeben. Seine Elektro-Tochter Polestar läuft mit dem Betriebssystem Android Automotive. Ein System von Google. Über einen personalisierten Google-Account lässt sich per Sprachsteuerung der Kofferraum öffnen, ein Werkstattbesuch planen oder der Weg zur Arbeit steuern.“9 Mit dem Google-Account können Apps heruntergeladen werden, der Ladestand der Batterie wird kontrolliert, Ladestopps geplant und die Verfügbarkeit von Ladesäulen geprüft.6 – Das Android-Infotainmentsystem des Polestar „bietet die Klaviatur der Google-Welt mit ihren virtuellen Assistenten. die Stimmerkennung folgt auf das Kommando-Codewort ‚Hey Google‘ und knipst dann die Navigation oder das Licht in der heimischen Garage an.“7

Volvo Polestar 3. Dieser soll ab etwa 2021 oder 2022 gebaut werden.5 Die Volvo-Tochter Polestar kooperiert bei der digitalen Plattform mit Android Auto von Google und beim autonomen Fahren mit der Google-Tochter Waymo.10

Volvo Polestar im Juli 2020: Der Polestar 2 kam im Juli 2020 in Europa auf den Markt und wird bei Geely in China produziert. Polestar-Manager Thomas Ingenlath will mehrere zehntausend Polestar 2 pro Jahr verkaufen. Die Modelle werden online verkauft und über einige Showrooms beworben und laufen über das Vertriebsnetz von Volvo.2 – In der Zeit erklärte Ingenlath, dass bisherige Autohäuser veraltet sind: „Wir liefern direkt an den Kunden. Autohäuser, in denen 50 Varianten von jedem Fahrzeug herumstehen, von denen ich mir dann eine aussuche, sind ohnehin nicht mehr zeitgemäß. In Deutschland vertrauen wir auf insgesamt sieben Polestar Spaces in den Innenstädten.“11

Nicht unbedingt öko. Trotzdem die Volvo-Modelle bei 180 km/h abgeregelt werden, läuft der Polestar 2 bis 205 km/h; von null auf 100 km/h braucht er 4,7 Sekunden. Zwei Motoren liefern zusammen 300 kW ab. Mit einem 78 kWh-Akkusatz sollen im WLTP-Zyklus 470 Kilometer Reichweite möglich sein. Mit einer CCS-Säule und 150 kW kann in 40 Minuten 80 Prozent Ladung nachgeladen werden. Die Zulieferer des Kobalts sollen auf Umweltverträglichkeit und soziale Verantwortung geprüft werden. Die Preise beginnen bei 39.900 Euro; der Spiegel-Testwagen lag bei rund 70.000 Euro.12

Neue Nachhaltigkeits-Managerin. Frederika Klarén will bei Polestar die Methodik der Ökobilanz klarlegen. Für den Innenraum-Kunststoff werden z. B. recycelte Materialien und Kork verwendet. „Ein Polestar 2, der die Fabrik verlässt hat bereits eine CO2-Bilanz von 26 Tonnen mehr als ein vergleichbarer Verbrenner – was vor allem an der energieintensiven Batterieproduktion liegt.“13 Wenn mit Strom aus erneuerbaren Energien geladen wird, soll laut Klarén die CO2-Bilanz des Polestar 2 ab 50.000 Kilometer besser sein als bei einem Verbrenner.

Der CO2-Rucksack des Polestar. Der CEO von Polestar, Thomas Ingenlath, drängt auf Transparenz bei der Elektromobilität, die in der Vergangenheit von den Konzernen nicht immer ausreichend geliefert wurde. „Einer eigenen Analyse zufolge verlässt der neue vollelektrische Polestar 2 die  Fabrik mit einem CO2-Rucksack von 26 Tonnen. Das sind zehn Tonnen mehr als beispielsweise bei einem Volvo XC40 mit Verbrennungsmotor.“14
Hier ist ein Zitat von Ingenlath vom 9.7.2020 interessant. Die Zeit fragte ihn im Interview: „Wie viel CO2 entsteht denn bei der Herstellung eines Polestar 2?“ Ingenlath: „Wenn ich ehrlich bin, wissen wir  das nicht. Seriös kann das niemand in der Branche sagen.“11

  1. Fahrenholz, Peter, Bye, bye, Tesla, in SZ 2.3.2019 []
  2. Hage, Simon, Hesse, Martin, Jagd auf Tesla, in Der Spiegel 30/18.7.2020 [] []
  3. Hengstenberg, Michael, Mit diesem Auto greift Volvo Tesla an, in spiegel.de 25.11.2019; Eckl-Dorna, Wilfried, „Wir mussten einen radikalen Bruch mit der Vergangenheit durchführen“, in manager-magazin.de 4.9.2019 []
  4. Frommeyer, Lena, Der Supertrumpf im Autoquartett, in spiegel.de 25.11.2019 []
  5. Eckl-Dorna, Wilfried, „Wir mussten einen radikalen Bruch mit der Vergangenheit durchführen“, in manager-magazin.de 4.9.2019 [] []
  6. Kunkel, Christina, Lange erwartet, in SZ 22.2.2020 [] []
  7. Wüst, Christian, Die Tesla-Jäger, in Der Spiegel 9/22.2.2020 [] []
  8. Becker, Joachim, China-Connection, in SZ 21.10.2019 []
  9. Hägler, Max, Kunkel, Christina, Mayr, Stefan, Slavik, Angelika, Das Ende der Blechbieger, in SZ 15.2.2020 []
  10. Becker, Joachim, Gute Zeiten, schlechte Zeiten, in SZ 11.7.2020 []
  11. Rohwetter, Marcus, „Da muss mehr kommen!“, in Die Zeit 9.7.2020 [] []
  12. Geiger, Thomas, Schweden fährt den Konter gegen Tesla, in spiegel.de 23.7.2020 []
  13. Fromm, Thomas,, Die Transparente, in SZ 17.9.2020 []
  14. Becker, Joachim, Akkus, die aus der Kälte kommen, in SZ 27.10.2020 []
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