Elektroauto Chronik eines Irrtums

November 2011

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Geschäftsmodell Elektromobilität. Claus Schnell, der Geschäftsführer der Bavaria Parkgaragen, zählt etwa 200 Elektroautos in München. Laut Bundesverband Elektromobilität sind für sie rund 29 öffentliche Ladesäulen verfügbar; im September 2011 kamen 16 Säulen hinzu. Schnell fügt an, dass die Bavaria Parkgaragen mit den Tanksäulen aktuell kein Geld verdienen. „Der Nutzer zahlt lediglich seine Parkgebühr für das Abstellen seines Fahrzeuges und eine Pauschale für das Laden seiner Batterie. Damit ist die Nutzung der Ladestation komplett abgegolten. Der Nutzer zahlt also lediglich die Zeit, die er parkt, plus einen Euro. (…) Wir beobachten bereits jetzt in München, dass beispielsweise gewerbliche Mieter Elektroautos nutzen wollen und entsprechend Tanksäulen benötigen. Im privaten Bereich sehen wir vor allem bei Haushalten mit Zweit- und Drittfahrzeug Chancen, dass zumindest eines dieser Fahrzeuge durch ein Elektrofahrzeug ersetzt wird.“1

Renault elektrisch. Renault-Nissan haben vier Milliarden Euro in die Elektromobilität investiert. Renault brachte 2012 die Kleinwagenmodelle Twizy und Zoe, dazu die Elektroversion der Limousine Fluence und des Kleinlieferwagens Kangoo. „Der Fluence Z.E., ein 4,75 Meter langes Stufenheck, kostet als Grundmodell inklusive 95 PS starkem Elektromotor 25.690 Euro; dazu kommen monatlich für das Akku-Paket 82 bis 168 Euro, je nach Jahresfahrleistung und Laufzeit. Renault garantiert mindestens 75 Prozent Leistungsfähigkeit der Batterie über sechs Jahre oder 120.000 km. (…) Idealerweise hängt in der Garage eine vom Renault-Händler kostenpflichtig installierte sogenannte Wall Box, die mit 230-Volt-Haushaltsstrom den Energiespeicher in sechs bis acht Stunden wieder füllt. Alternativ kann man für 400 Euro ein Notladekabel erwerben, das in jede Steckdose passt, den Ladeprozess jedoch in die Länge zieht.“2

Paris elektrifiziert. Der französische Milliardär Vincent Bolloré hat eine Flotte von „Blue-Car“ auf die Pariser Straßen geschickt. Dazu aus Wikipedia: „Der Pininfarina Bluecar ist ein Elektroauto und wurde unter dem Projektnamen Bluecar (auch Blue Car oder Bolloré-Blue Car) vom Batteriehersteller batScap, einem Tochterunternehmen des französischen Mischkonzerns Groupe Bolloré, und von Pininfarina entwickelt. An batScap ist auch die EDF zu 20 % beteiligt. Basis des Elektroautos ist der von batScap in Quimper in der Bretagne konstruierte Lithium-Polymer-Akkumulator. Für die Aufnahme des Stromes aus der Rekuperationsbremse und dessen rasche Abgabe bei anschließendem Beschleunigen ist zusätzlich ein Superkondensator eingebaut, der ebenfalls von batScap kommt.“
Das neue Elektroauto-Verleihsystem heißt ‚Autolib‘. Die Testphase endete am 5.12.2011: Dann soll in Paris die Ära der Elektromobilität beginnen. Oberbürgermeister Bertrand  Delanoë: An dem Tag, an dem Autolib zur Gewohnheit für die Pariser wird, wird das alle Städte der Welt verändern.“3 „Die Grünen bezweifeln grundsätzlich den ökologischen Nutzen des Projekts. Sie halten Autolib‘ für einen ‚Schwindel‘ und sähen es lieber, wenn der Autoverkehr in der Stadt reduziert würde.“3
Nachtrag: Im Juni 2018 beendete die Pariser Oberbürgermeisterin Anne Hidalgo das gescheiterte Projekt Autolib‘ (vgl. Chronologie Juni 2018).

Batterie-Euphorie. Der Leiter Antriebstechnik für Elektrofahrzeuge, Christian Mohrdieck, wies auf die hohen Kosten für die Akkus und die schwierigen Fortschritte bei der Batterietechnik hin: „Wir wissen, dass man mit herkömmlichen Speichermethoden an Grenzen stößt, die voraussichtlich 15 bis 20 Prozent über dem liegen, was man heute hat.“4

Elektrischer Ablasshandel. Das Elektroauto wird zum Vehikel für viele Firmen, ihr Umweltbewusstsein zu zeigen. In den Geschäftsberichten wird oft auf die Begriffe Nachhaltigkeit und Umwelt verwiesen und in diesem Zusammenhang auf die eingesetzten Elektroautos als „saubere Antriebstechnologie“. „Um die Einführung alternativer Antriebe zu unterstützen, will General Electric, der Mutterkonzern von ASL Fleet Services, in den nächsten Jahren 25.000 Elektrofahrzeuge anschaffen. (…) Das größte Geschäftsfeld für Elektrofahrzeuge könnte in dieser Dekade ohnehin in neuen Mobilitätsdienstleistungen liegen. Alphabet Fuhrparkmanagement, der Flottendienstleister der BMW Group, bietet seit neuestem ein Corporate Carsharing an: Mitarbeiter dürfen die Automobile gegen Gebühr auch privat verwenden.“4
Ich habe auf unserer Webseite www.nolympia.de einiges zusammengetragen zum inflationären Begriff der Nachhaltigkeit.

  1. Horn, Peter, Näher am Thema, in SZ 4.11.2011 []
  2. Kacher, Georg, Unter Hochspannung, in SZ 7.11.2011 []
  3. Kläsgen, Michael, Paris startet Autolib‘, in SZ 16.11.2011 [] []
  4. Becker, Joachim, Hoffnung auf die Flotten, in SZ 21.11.2011 [] []
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