Elektroauto Chronik eines Irrtums

März 2013

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Elektrisch rasen: Mercedes SLS AMG Coupé Electric Drive. „Der erste Supersportwagen, der nichts außer einem bleibenden Eindruck hinterlässt: ein Traumwagen mit Traumwerten: in 3,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h. 0 Liter Verbrauch auf 100 km und ein CO2-Ausstoß von 0,0 g.“ (Anzeige in SZ 17.11.2012)
Selten wird die Wahrheit so verbogen wie in Anzeigen für das Elektroauto – siehe den „CO2-Ausstoß von 0,0 g“.
„Das Mercedes SLS AMG Coupé Electric Drive mit einem 750 PS starken Batterieantrieb wird 416.500 Euro kosten. ‚Mit dieser Rakete auf Rädern zeigen wir, dass Mercedes eine Marke in Bewegung ist. Die Tage des Erdöls sind gezählt, aber die Zeit des Fahrspaßes ist ganz bestimmt nicht vorüber‘, so Daimler-Chef Dieter Zetsche.“1
Der Fahrspaß währt allerdings nur kurz!
Dazu Christian Wüst im März 2013 im Spiegel: „Nun beginnt die Produktion, und das Mercedes-Benz SLS AMG Coupé Electric Drive hat beste Aussichten, als triumphale Narretei in die Geschichte des Fahrzeugbaus einzugehen. (…) Das dickste Problem bestand in einer angestrebten Antriebsleistung von über 500 Kilowatt – 552 sind es dann geworden – und der Notwendigkeit eines Energiespeichers, der die elektrische Nahrung wenigstens kurzzeitig bereitstellen kann. Der Akku, ein Arrangement von 864 dicht gepackten Batteriezellen südkoreanischer Produktion, ist das schwerste Bauteil des Fahrzeugs. Er wiegt mehr als eine halbe Tonne und erstreckt sich wie ein Doppel-T-Träger, dessen Schaft den gesamten Mitteltunnel einnimmt, über einen Großteil der Fahrzeuglänge. Mit seinem massiven Energietank wiegt der Wagen über zwei Tonnen, etliche Zentner mehr als die SLS-Modelle mit Benzinmotor.“2
Die „Narretei“ wird bei der Reichweite klar: „Die Reichweite ist das Schicksalskriterium der Elektromobilität, und auch die Riesenbatterie stößt an Grenzen: 60 Kilowattstunden kann sie speichern. Damit schafft das Sportwagen-Schwergewicht laut Herstellerangabe 250 Kilometer, allerdings im Testzyklus zur europäischen Verbrauchsmessung, einer genormten Schleichfahrt. Die volle Leistung abzurufen liefe dagegen auf eine Blitzentladung des Akkus hinaus: Theoretisch könnte der Wagen weit über 300 Kilometer pro Stunde erreichen – das jedoch nur für rund sechs Minuten. Dann wären alle 60 Kilowattstunden futsch. Mercedes hat die Höchstgeschwindigkeit auf 250 beschränkt. Um die zu erreichen, braucht ein Zwei-Tonnen-Auto bei guter Aerodynamik rund 180 Kilowatt Antriebsleistung. Diese kann die Batterie des SLS unter günstigen Bedingungen etwa 20 Minuten lang liefern. Bei voller Fahrt reduziert sich also die Reichweite auf gut 80 Kilometer.“2

  1. Becker, Joachim, Strom aufwärts, in SZ 12.1.2013 []
  2. Wüst, Christian, Triumphale Narretei, in Der Spiegel 10/4.3.2013 [] []
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