Elektroauto Chronik eines Irrtums

Mercedes SLS AMG

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Mercedes-Benz wird auf der IAA 2009 den Flügeltür-Sportwagen SLS AMG: präsentieren. Die Tuner-Tochterfirma von Mercedes, AMG, hat einen Elektro-Mercedes getunt, der in vier  Sekunden von Null auf 100 km/h sprintet – aber nicht sehr oft. „Im Kleingedruckten des Programmhefts lesen wir, dass die Akkus des SLS AMG einen Energieinhalt von 48 Kilowattstunden speichern können. Das entspricht dem automobilen Heizwert von fünf Liter Benzin. Kurz nach dem Dragster-Start ist also schon Schluss mit lustig.“ [1]

Der elektrische SLS AMG hat eine Nennleistung von 532 PS. „Das kumulierte Drehmoment ergibt 880 Nm, als Kapazität werden 40 Amperestunden bei 400 V und als Energieinhalt insgesamt 48 Kilowattstunden angegeben. Das Aufladen der 324 Hochvoltbatterien dauert zwischen fünf und acht Stunden. Mit einer vollen Ladung Strom kommt der E-SLS bei sportlicher Fahrweise mit maximal 230 km/h rund 150 Kilometer weit.“ [2]

Reich-Weite? „Beim Spurt von null auf 100 km/h drehen die Elektromotoren verzögerungsfrei hoch und bringen den E-Cell in 4,0 Sekunden auf Tempo – nur einen Wimpernschlag länger als beim Pendant mit 6,3-Liter-V8-Motor. Mögliche Höchstgeschwindigkeit: mehr als 250 km/h. (…) Bei einem rund zwei Tonnen schweren E-Mobil stellt sich grundsätzlich die Sinnfrage, egal wie sportlich es unterwegs ist. Allein die 324 Lithium-Ionen-Zellen im Mitteltunnel und unter dem Kofferraumboden bringen mit Schutzkäfig 450 Kilogramm auf die Waage. (…) Fakt bleibt, dass die sündteuren Batterien mit 48 Kilowattstunden nur so viel Energie speichern können wie ein Benzintank im Reservemodus. Energisches Gasgeben und eine kühlende Klimaanlage lassen die versprochene Reichweite von 200 Kilometer auf einen kümmerlichen Cityradius schrumpfen.“ [3]

Christian Wüst schrieb zum SLS AMG im Spiegel: „Vier Elektromotoren, jeder mit einem der Räder verbunden und gemeinsam 392 Kilowatt stark, sollen den Zweisitzer nahezu lautlos in vier Sekunden auf 100 km/h beschleunigen. Der Stromsprinter, fürs Erste ein Einzelstück, ist laut Werksauskunft etwa so agil wie das Schwestermodell mit Achtzylinder-Benzinmotor und 420 Kilowatt Leistung. Daimlers Tuning-Tochter AMG, erklärt deren Geschäftsführer Volker Mornhinweg, wolle mit dem E-Schaumobil ‚das Thema Supersportwagen neu definieren‘. (…) Der Strom-SLS verfügt über einen Lithium-Akku, der nach den bisher gezeigten Skizzen rund die halbe Wagenlänge einnimmt und einen Energieinhalt von 48 Kilowattstunden haben soll, entsprechend dem von gut fünf Liter Benzin. Der Preis einer solchen Batterie dürfte derzeit bei 50.000 Euro liegen. (…) Der Elektro-SLS, wie Mercedes ihn präsentieren wird, ist hochgerüsteter Unfug, allenfalls geeignet zu veranschaulichen, wozu der Elektroantrieb nicht taugt. Ein Sportwagen, der nur Kurzstrecken bewältigt, ist so sinnvoll wie ein ICE im S-Bahn-Dienst.“ [4]

[1] Becker, Joachim, Der Zirkus mit der Zukunft, in SZ 27.7.2009

[2] Kacher, Georg, Flügel-Stürmer, in SZ  14.9.2009

[3] Becker, Joachim, Schwer unter Strom, in SZ 19.7.2010

[4] Wüst, Christian, Kraftvoller Kurzschluss, in Der Spiegel 30/2009

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