Elektroauto Chronik eines Irrtums

Autonomes Fahren und 5G

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Aktualisiert 16.8.2020

Das Thema ist derzeit ergänzungs- und interpretationsbedürftig. Deshalb erst einmal einzelne Meldungen. Welch ungeheurer Aufwand für das automatisierte Fahren – und der damit verbundene Ausbau des 5G-Netzes nötig ist, wird langsam deutlich, genauso wie der Energieverbrauch in Clouds, in Fahrzeugen und an den Straßenrändern.

Bundesnetzagentur ordnet Vergaberegeln für 5G. Anfang November 2018 trafen sich Vertreter der Bundesregierung und der Bundesnetzagentur im Kanzleramt, um die Bedingungen für 5G zu regeln. Das Telefonieren und Surfen in Zügen soll sich verbessern, auf Bundes- und Landstraßen soll der Mobilfunk verbessert werden. „Auf der Autobahn solle mit den 5G-Vorgaben die Bedingungen für automatisiertes Fahren und die dort benötigte Infrastruktur geschaffen werden.“1

Ärzte fordern Ausbaustopp für 5G. Am 28.8.2018 forderten Mediziner des „Arbeitskreises digitale Medien Stuttgart“ in einem offenen Berief an Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) einen Ausbaustopp für 5G. Aus dem Inhalt: „Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass die erste Studie, die Wirkungen der 5G-Frequenz untersucht hat, besorgniserregende Effekte gefunden hat und die Wissenschaftler warnen: „We are raising a warning flag against the unrestricted use of sub-THz technologies for communication, before the possible consequences for public health are explored.“ Diese Studie untermauert die eindringliche Forderung des von mehr als 200 Wissenschaftlern unterschriebenen 5-G-Appells, dass 5-G ohne Nachweis einer Gesundheitsverträglichkeit nicht eingeführt werden darf. Auch die Vereinigung der Schweizer Umweltärzte fordert ein Moratorium für 5G. (…) Seit Einführung der drahtlosen Kommunikationstechniken Mitte der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts zeigt sich aus unserer ärztlichen Sicht eine immer dramatischere, sich überstürzende Entwicklung: Zu den bereits installierten zahlreichen Dauer-Funkemittenten (GSM, UMTS, der Ausbau öffentlicher W-LAN-Netze, LTE, M2M-Kommunikation) soll nun der Bevölkerung noch weitere, ununterbrochene Hochfrequenz-Expositionen zugemutet werden: das geplante 5 G Netz mit einer unübersehbaren Flut von neu zu installierenden Sendern und der Pflichteinbau von Smart Meter-Installationen in alle Haushalte.“ (Zum Offenen Brief: hier; zum Artikel diagnose: funk vom 1.9.2018: hier)

Was braucht man für autonom fahrende Roboterautos? Zunächst ein möglichst genaues und aktuelles Kartenverzeichnis im Navi. Matthieu Campion von Navi-Hersteller TomTom: „Wir können wöchentlich Updates liefern.“2 Die Informationen gelangen mit dem Mobilfunkstandard 5G in die Bordcomputer, wie überhaupt ein autonom fahrendes Auto ohne 5G-Standard nicht vorstellbar ist.
In diesem Zusammenhang redet niemand über den Energieverbrauch von permanenter Verbindung zum Internet, 5G oder Computer-Clouds – und den damit verbundenen CO2-Emissionen, Öko-Strom hin oder her.

Gesundheitsschädigend oder nicht? Bereits beim bisherigen Mobilfunknetz gab es im wissenschaftlichen Diskurs keine Einigkeit über die Schädlichkeit der elektromagnetischen Strahlung. Das „Deutsche Mobilfunk-Forschungsprogramm“ fand Anfang des 21. Jahrhunderts keine Belege für Krebs durch Handystrahlung. Beim neuen 5G-Standard werden andere Frequenzen im Bereich von 3,4 bis 3,7 Gigahertz und weitaus mehr Sendestationen eingesetzt. „Experten gehen davon aus, dass Antennen mittelfristig auch mit bis zu 60 Gigahertz funken werden, um noch größere Datenmengen zu übertragen.“((Schumann, Florian, Strahlendes Experiment, in Die Zeit 17.1.2019)) Beim 5G-Standard wird auch das sogenannte „Beamforming“ eingesetzt, bei dem die Mobilfunkstrahlen gezielt auf Verbraucher gelenkt werden.
Prof. Wilfried Kühling von der Universität Halle-Wittenberg, der auch im Beirat des BUND ist: „Man weiß viel zu wenig darüber, wie sich die Strahlenbelastung für die Bevölkerung unter 5G erhöhen wird.“3

Unklare Gesundheitsfolgen. Nach Gunde Ziegelberger vom Bundesamt für Strahlenschutz können Radiowellen das Erbgut von Zellen nicht schädigen, allerdings ist auch nicht zu beweisen, dass Mobilfunkstrahlung völlig unschädlich ist.4 Die 5G-Sendemasten müssen in geringerem Abstand zum Empfänger installiert werden, weil höhere Freqenzen geringere Reichweiten haben. Außerdem richtet sich der Sendestrahl nach dem Empfänger, siehe „Beamforming“ oben.

Mobilfunk-Standard 5G für autonomes Fahren. Der neue 5G-Standard hat eine Leistungsfähigkeit bei der Datenübertragung von bis zu 10.000 Megabit pro Sekunde. (Der bisherige Standard 4G liegt um den Faktor zehn bis 100 darunter.) Die 5G-Technik reagiert also viel schneller und verzögerungsfreier: „Das ist zum Beispiel wichtig für die Kommunikation unter autonomen Fahrzeugen, die sich gegenseitig vor Gefahren warnen sollen.“5

5G ist Voraussetzung. Telekom-Chef Tim Höttges verweist auf 5G als Grundlage für das autonome Fahren. Der neue Funkstandard kann wesentlich mehr Daten übertragen als 4G und dazu meist in Echtzeit. „Mithin gilt 5G als Voraussetzung für autonome Fahrzeuge oder Roboter in den Fabriken, die unaufhörlich Daten austauschen.“6 Die Politik hat bei der Versteigerung der 5G-Netze im Mai 2019 den Anbietern vorgeschrieben, dass bis 2022 bundesweit 98 Prozent der Haushalte mit mindestens 100 Megabit pro Sekunde laden können. „Zeitglich muss der schnelle Mobilfunk entlang von Autobahnen, wichtigen Bundesstraßen und Bahnstrecken angekommen sein.“6

20 Gigabit pro Sekunde. In einem Spiegel-Artikel vom März 2019 über die Auktion der 5G-Frequenzen wird angegeben, dass ein autonom fahrendes Auto bis zu 20 Gigabit pro Sekunde benötigt. 10 Millisekunden Reaktionszeit sind für die Steuerung von Verkehrsmitteln nötig. 5G liefert eine Positionsgenauigkeit von bis zu einem Meter.  Gleichzeitig wird 5G benötigt, um (wie bei Tesla heute schon) die Fahrzeug-Software aufzuspielen.7

Gesundheitsgefahren durch 5G? Hier liefert der Artikel Gefährdet 5G die Gesundheit? in spiegel.de vom März 2019 einige Antworten.8 Das Thema bleibt zu beobachten.

5G und autonomes Fahren. In spiegel.de wurde diese Frage erörtert. Frank Fitzek vom Dresdner 5G Lab Germany: „Sie können ein Auto komplett autonom ohne Netz fahren lassen.“9 Denn auch beim Ausfall des Internets – oder in Funklöchern -, muss ein Pkw fahren können. Nach Fitzek wird die 5G-Technik im Auto auf sich warten lassen: „Wenn die Autoindustrie  heute entscheidet, eine neue Schraube zu machen, dauert es vier Jahre, bis sie wirklich im Auto ist. (…) Bisher wissen die Autobauer noch nicht mal, wohin sie die Antenne kleben müssen.“9

Christoph Vilanek, der Chef von Freenet, über den Mobilfunk-Standard 5G und seine Abneigung gegen autonome Fahrzeuge: „Wenn das autonome Fahren in Deutschland allen Ernstes abhängig ist davon, dass ein Auto immer im 5G-Netz online ist, dann werde ich mir nie eines kaufen. Es könnte ja sein, dass der Blitz in eine Basisstation einschlägt, und dann stehen auf der Autobahn 70.000 Autos plötzlich still.“10
Ein autonomes Fahrzeug kann auch ohne Internet fahren, siehe unten.

„Vernetzung“ und 5G. Die Arbeitsgruppe 3 „Digitalisierung für den Mobilitätssektor“ der Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität schreibt in ihrem ersten Zwischenbericht: „Der notwendige Datenaustausch kann nur dann stattfinden, wenn eine ausreichend gute Vernetzung zwischen den Mobilitätsanbietern und den Nutzer/innen vorhanden ist. Die Vernetzung trägt somit nicht nur zur Effizienzsteigerung im Verkehrssektor entsprechend dem Ziel der Fokusgruppe A „Multimodale Mobilität“ bei, sondern durch den Austausch von verkehrssicherheitsrelevanten Daten auch maßgeblich zur Steigerung der Verkehrssicherheit. Die Fokusgruppe D „Vernetzung“ befasst sich deshalb mit zwei unterschiedlichen Kommunikationsmethoden: der Short-Range-Kommunikationstechnologie und der Mobilfunk-Technologie (LTE, künftig 5G). Für die Steigerung der Verkehrssicherheit sind beide relevant. Informationen wie Unwetterwarnungen, Blitzeis, Schlaglöcher, also solche, die nicht zwangsweise zeitkritisch sind, können effizient und für viele Verkehrsteilnehmer/innen sofort wirksam über die Mobilfunknetze übertragen werden. Bei Warnungen vor Vollbremsungen oder Kreuzungsquerverkehr oder dem unvorhergesehenen Auftreten von „Vulnerable-Road-Usern“ empfiehlt sich der Einsatz der Short-Range-Kommunikation. In dem Bereich der Short-Range-Kommunikation gibt es derzeit zwei konkurrierende Technologien: IEEE 802.11p (Wi-Fi) und die zellulare C-V2X-Technologie (heute LTE, zukünftig auf Basis des Mobilfunkstandards 5G).“11 Betont wird ein „engmaschiges Netz von Funkantennen“ – und deren rasche Errichtung: „Schon heute zeigt sich beim Aufbau von LTE-Netzen allerdings, dass viele Genehmigungsverfahren zum Aufbau der benötigten LTE-Antennen unverhältnismäßig lange dauern. Für die 5G-Technologien wird eine deutlich dichtere Antenneninfrastruktur benötigt. Umso wichtiger ist es deshalb, heute schon eine Schiedsstelle aufzubauen, die  das Potenzial hat, Genehmigungsverfahren zum Aufbau von Funkantennen zu beschleunigen.“11

„5G: Das neue Mobilfunknetz und automatisiertes Fahren“. So lautet der Titel eines Aufsatzes von Hannes Rügheimer.12 Seit 19.3.2019 läuft das Bietererfahren um die 41 verfügbaren Frequenzblöcke. Bieter sind Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica sowie der Neuling 1&1 Drillisch. Der Höchstbietende „muss bis 2022 alle Bundesautobahnen, die wichtigsten Bundesstraßen und Schienennetze sowie 98 Prozent der Hausdhalte mit mindestens 100 Mbit/s versorgen“. Laut Telekommunikationsunternehmen Ericsson sollen zum Ende des Jahres 2024 über 40 Prozent der globalen Bevölkerung von 5G profitieren. VW, BMW und Dainler planen für ihre Marken eigene lokale Umgebungen.
Übertragungsraten beim automatisierten Fahren:
„Laut der technologischen Forschungsabteilung von Lucid Motors liegt die Übertragungsrate von autonomen Autos in der Praxis bei 1,4 bis 19 Terabyte (TB) pro Stunde. Sie verteilt sich wie folgt auf die verschiedenen Systeme:
Radar (4 bis 6 pro Auto): 0,1 bis 15 Mbit pro Sekunde und Sensor; Lidar (1 bis 5 pro Auto): 20 bis 100 Mbit pro Sekunde und Sensor; Kamera (6 bis 12 pro Auto): 500 bis 3500 Mbit pro Sekunde und Sensor;     Ultraschall (8 bis 16 pro Auto): weniger als 0,01 Mbit pro Sekunde und Sensor; Navigation: weniger als 0,1 Mbit pro Sekunde und Sensor.
Bei einer täglichen Pendelzeit von einer Stunde zur Arbeit und rund 30 Minuten pro Tag zusätzlich, etwa zum Einkaufen, fallen nach dieser Kalkulation in einer Woche bereits zwischen 11,9 und 161,5 TB Daten an. Auf ein Jahr gerechnet sind es rund 618 (0,6 Petabyte) bis 8400 TB (8,4 Petabyte).“13 Zum Vergleich: Nach 26 Sekunden autonome Fahrt wäre das Datenvolumen eines Mobilfunkvertrags mit zehn Gigabyte Datenvolumen pro Monat verbraucht.
Das 5G-Netz muss computergesteuerte Fahrzeuge rechtzeitig über deren jeweilige Absichten informieren. „Für manche kritischen Fahrmanöver sind selbst 80   Millisekunden Übertragungszeit zu viel. (…) Diese Zeitspanne ist zwar nur ein Wimpernschlag – doch ein mit 200 km/h fahrendes autonomes Auto hat danach schon mindestens vier Meter zurückgelegt. (…) Deshalb sollen bei 5G zwischen der Anforderung einer Information und dem Eintreffen der Antwort aus dem 5G-Netz nur noch wenige Millisekunden vergehen: Die Latenzzeiten sollen bis hinab zu einer Millisekunde verkürzt werden, also auf 0,001 Sekunden pro Reaktion.“13
Dadurch wird selbst Lichtgeschwindigkeit ungenügend: „Innerhalb einer Millisekunde legt ein Lichtsignal auf einem Glasfaserkabel maximal 300 Kilometer zurück.“13 Dazu kommt, dass die Vermittlungs- und Speichertechnik in den jeweiligen Rechenzentren installiert ist (z. B. Telekom/Bonn, Vodafone/Düsseldorf, O2/München). Deshalb bekommen die tausenden von 5G-Funkstationen jeweils ein eigenes „Cloudlet“, ein eigenes Mini-Rechenzentrum. Dies wird als „Edge Computing“ bezeichnet: Cloud und Rechner rücken an den Rand des 5G-Netzes.

Steigerung der Leistungsfähigkeit der Prozessoren. Ein Beispiel für die symptomatische Leistungssteigerung sind die Fahrassistenzsysteme von MobilEye (gehört inzwischen zum Intel-Konzern). „In den 12 Jahren zwischen 2008 und 2020 hat sich die Leistungsfähigkeit der Prozessoren des Systems um einen Faktor von 5450 auf dann 24 Billionen Operationen pro Sekunde vervielfacht. Ab 2020 hat das System laut dem Hersteller die Kapazitäten, komplett autonomes Fahren zu unterstützen.“14
Es wird nie reichen!

EU warnt vor Hackerangriffe auf 5G. In der Pressemitteilung der EU-Kommission „Mitgliedsstaaten veröffentlichen Bericht über EU-weit koordinierte Risikobewertung von 5G-Netzen“ wird auf Risiken bei der Cybersicherheit der Netze der 5. Generation (5G) hingewiesen. „5G-Netze sind das künftige Rückgrat unserer zunehmend digitalisierten Volkswirtschaften und Gesellschaften. Sie werden Milliarden von Objekten und Systemen mit einander verbinden, auch in kritischen Sektoren wie Energie, Verkehr, Bank- und Gesundheitswesen, aber auch in industriellen Steuerungssystemen, die sensible Informationen verarbeiten und Sicherheitssysteme unterstützen. Die Gewährleistung der Sicherheit und Widerstandsfähigkeit der 5G-Netze ist daher von größter Bedeutung.“15 Die 5G-Netze basieren zunehmend auf Software: Damit steigen die Risiken durch größere Sicherheitslücken. „Dadurch könnte es auch für Angreifer leichter werden, Hintertüren in die Produkte einzubauen und deren Erkennung zu erschweren. Aufgrund der neuen Merkmale der 5G-Netzarchitektur und neuer 5G-Funktionen werden bestimmte Netzausrüstungen oder Netzfunktionen leichter verwundbar, z. B. Basisstationen oder wichtige technische Verwaltungsfunktionen der Netze.“16

„Digitales Ökosystem“. Der BMW iNext soll 2021 innovative Digitaldienste und eine vollausgestattete 5G-Vernetzung haben. Dazu sagte BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich: „Wir brauchen Partnerschaften, weil das Auto Teil eines neuen digitalen Ökosystems  wird.“17

BYD Han EV.  Der BYD Han EV „verfügt nicht nur über eine neue Batterie, er hat auch das selbstlernende Fahrassistenzsystem DiPilot an Bord, das mithilfe von 5G-Vernetzung einen besonders hohen Grad beim automatisierten Fahren ermöglichen soll.“18

Preisgestaltung bei 5G. Im Interview mit dem Spiegel sagt der Ökonom Nouriel Roubini: „Bei der 5G-Technologie etwa sind Nokia und Ericsson 30 Prozent teurer und 20 Prozent weniger effektiv als Huawei. Wenn sich ein Land beim 5G-Ausbau gegen Huawei entscheidet, wofür es sicherheitspolitisch gute Gründe gibt, steigen also  automatisch die Preise für alle möglichen Endprodukte bis hin zu Toastern oder Mikrowellen, weil überall 5G drinsteckt.“19

Streit im Münchner Stadtrat. Die vier Netzanbieter Telekom, Vodafone, Telefonica und 1&1Drillisch wollen München flächendeckend mit dem 5G-Netz versorgen, aber der Ausbau geht ihnen zu langsam. Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) will ihnen weit entgegenkommen, aber die rot-grüne Mehrheit will keinen Freifahrschein für Standorte der Sendeanlagen ausstellen. Auch in München haben sich Gegner  des 5G-Netzes vereint und befürchten gesundheitliche Schäden durch zu hohe Strahlung. Mit dem 5gG-Netz können u. a. hochauflösende Videos schneller geladen werden. Die E-Games-Kämpfe  in Echtzeit können ebenfalls schneller laufen. „Mit dem neuen, leistungsfähigeren Netz sollen zum Beispiel autonomes Fahren ermöglicht werden oder Fabriken vernetzt arbeiten.“20

Tesla-Touchscreen kann zum Fahrverbot führen. Das Oberlandesgericht Karlsruhe bestätigte ein Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe: eine Geldbuße von 200 Euro und ein Monat Fahrverbot.  Ein elektronisches Gerät wurde regelwidrig benutzt. Ein Autofahrer hatte versucht, auf dem Tesla-Touchscreen die richtige Geschwindigkeit des Scheibenwischers einzustellen. Dazu muss man ein Untermenü aufsuchen. Beim Eintippen fuhr der Autofahrer von der Fahrbahn und touchierte mehrere  Bäume. „Auch Touchscreens sind im sogenannten Handyparagraphen in der Straßenverkehrsordnung explizit genannt.“21. Ein Einstellen ist während der Fahrt nicht verboten, es kommt aber auf die zeitliche Länge und die Aufmerksamkeit auf die Straße an. Da z. B. Klimaanlagen bei anderen Herstellern ebenfalls über ein Untermenü eingestellt werden, kann das Karlsruher Tesla-Urteil auch Auswirkungen auf andere Hersteller haben. hinzu kommt, dass die vielfältigen (und teils grotesken) Möglichkeiten des digitalen Armaturenbrettes mit konventionellen Schaltern und Anzeigen nicht mehr darstellbar sind. Wo die neuen Autofahrer auch gern während der Fahrt auf ihrem Smartphone herumdaddeln möchten. – „Tesla hat sich nie viel um die Fahrer-Ergonomie gekümmert, Selbstverpflichtungen der Autohersteller zur Dauer der Blickabwendung haben die Kalifornier ignoriert. (…)Doch immer neue Studien zeigen, dass die Bedienlogik von Smartphones mit Touch-Displays und vielen Apps in Autos zu verzögerten Reaktionszeiten führen. Eine englische Verbraucher-Organisation kam jüngst zu dem drastischen Schluss, dass Android Auto und Apple Car Play beim Autofahren mehr ablenken als Alkohol und andere Drogen.“22
Das traurige Fazit: Die Überladung neuer Automobile mit digitalen Funktionen (die meist nicht für das Fahren nötig sind), provoziert die (scheinbare) Notwendigkeit des autonomen Fahrens mit einem irrwitzigen Aufwand an technischer Infrastruktur – und nicht zuletzt den raschen Ausbau des G5-Netzes. Angesichts des ungeheuren Energieeinsatzes wird immer noch die scheinbare Energieeinsparung und die CO2-Reduzierung durch Elektromobilität propagiert: ein sehr schlechter Witz.

Autonomes Fahren noch lahm – vorerst. Mehr als 60 km/h sind derzeit nicht erlaubt in 42 Staaten, die der „United Nations Economic Commission for Europe“ (UNECE) angehören. (Die USA und China gehören der UNECE natürlich nicht an.) Bei Baustellen, Fahrspurverzweigungen, natürlich auch Unfällen müssten Leitstellen die derzeit teilautonomen Fahrzeuge in Echtzeit warnen können: Das ist derzeit gar nicht möglich. Und je höher die Geschwindigkeiten, umso größer auch die Anforderungen an Autopiloten, Sensoren und Überwachungscomputer. „Die entsprechende Infrastruktur an der Autobahn inklusive 5G-Vernetzung ist eine Voraussetzung für höhere Geschwindigkeiten im automatisierten Modus. (…) Die Euphorie beim autonomen Fahren ist Ernüchterung gewichen. Immer mehr und höher auflösende Sensoren erzeugen immer mehr Daten, die von immer leistungsfähigeren Computern verarbeitet werden müssen. Die Kosten (und der Energieverbrauch) steigen, während der Nutzen durch immer mehr Grenzfälle in Frage gestellt wird.“23

Vergleiche auch: Autonomes Fahren, Apple-Elektroauto, Google-Elektroauto, Moia, Nvidia, Tesla-Unfälle, Waymo; Zoox

  1. Scheuer sieht Fortschritte im Streit über Vergaberegeln, in spiegel.de 6.11.2018 []
  2. Martin-Jung, Helmut,, Pioniere auf vier Rädern, in SZ 31.10.2018 []
  3. Schumann, Florian, Strahlendes Experiment, in Die Zeit 17.1.2019 []
  4. Zinkant, Kathrin, Neues Netz, neue Sorgen? in SZ 28.1.2019 []
  5. Martin-Jung, Helmut, Das Wundernetz, in SZ 2.2.2019 []
  6. Müller, Benedikt, Streit ums Netz der Zukunft, in SZ 22.2.2019 [] []
  7. Dohmen, Frank, Hage, Simon, Rosenbach, Marcel, Traufetter, Gerald, Superschnell, Superteuer, in Der Spiegel 11/9.3.2019 []
  8. Gefährdet 5G die Gesundheit? in spiegel.de 11.3.2019 []
  9. Ist autonomes Fahren nur mit 5G möglich? in spiegel.de 15.3.2019 [] []
  10. Kläsgen, Michael, Martin-Jung, Helmut, „Wir wollen Mobilfunk ohne Zweiklassengesellschaft“, in SZ 18.3.2019 []
  11. Erster Zwischenbericht, Arbeitsgruppe 3, Digitalisierung für den Mobilitätssektor, Hrsg. Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, Berlin, März 2019, S. 10 [] []
  12. Alle Zitate: Rügheimer, Hannes, 5G: Das neue Mobilfunknetz und autonomes Fahren, in aiomag.de 20.3.2019 []
  13. Rügheimer, Hannes, 5G: Das neue Mobilfunknetz und autonomes Fahren, in aiomag.de 20.3.2019 [] [] []
  14. Ifo-Institut (Falck, Oliver / Koenen, Johannes), Fahrzeugbau – Wie verändert sich die Wertschöpfungskette, Ifo-Studie im Auftrag des BIHK, München, Juni 2019, S. 20 []
  15. Mitgliedsstaaten veröffentlichen Bericht über EU-weit koordinierte Risikobewertung von 5G-Netze, Brüssel, EU-PM 9.10.2019; Hervorhebung WZ. Vgl. auch: EU fürchtet staatlich gewollte Hackerangriffe auf 5G, in spiegel.de 9.10.2019 []
  16. Mitgliedsstaaten veröffentlichen Bericht über EU-weit koordinierte Risikobewertung von 5G-Netze, Brüssel, EU-PM 9.10.2019 []
  17. Becker, Joachim, Überholspur auf der Datenautobahn, in SZ 11.1.2020 []
  18. BYD Han EV – Luxus-Stromstoß aus China, in n-tv 15.5.2020 []
  19. Bartz, Tim, „Es ist zu viel kaputt“, in Der Spiegel 25/ 30.5.2020 []
  20. Effern, Heiner, Das schnelle Netz wächst langsam, in SZ 13.8.2020 []
  21. Urteil zu Tesla-Display: Druck aufs Touchscreen kann zu Fahrverboten führen, in spiegel.de 7.8.2020 []
  22. Becker, Joachim, Augen geradeaus! in SZ 14.8.2020 []
  23. Becker, Thomas, Die Zukunft muss warten, in SZ 14.8.2020 []
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